Erstmals haben Asylbewerber aus unsicheren Ländern wie Syrien und Irak durch ein Sonderprogramm die Möglichkeit, schon vor der Anerkennung durch das Bundesamt einen Deutsch-Sprachkurs zu besuchen. 18 Männer im Alter zwischen 18 und 36 Jahren eignen sich deshalb seit Anfang November im ehemaligen Golfclubhaus in Namsreuth bei Königstein Grundkenntnisse in der Sprache des Gastlandes an.
Amberg-Sulzbach/Königstein. (usc) „Das ist ein ganz wichtiger Schritt zur Integration“, weiß Franz Elsner, Leiter der Amberger Agentur für Arbeit. Sie fördert erstmals diesen Lehrgang des Amberger Sprach- und Bildungszentrums ISE. „Wir haben schon seit vielen Jahren Erfahrung in der Integrationsarbeit, bei der der Deutsch-Unterricht für Immigranten eine ganz wichtige Rolle spielt“, berichtet ISE-Geschäftsführer Peter Blendowski.
Das sogenannte Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom Oktober dieses Jahres gibt den in Namsreuth untergebrachten Flüchtlingen die Möglichkeit, vorzeitig einen Einstiegskurs Deutsch zu besuchen. Sie sollen dabei aber auch lernen, sich im Supermarkt und im öffentlichen Personennahverkehr zurechtzufinden. Dieser Kurs, so Franz Elsner bei einem Besuch mit Königsteins Bürgermeister Hans Koch und ISE-Geschäftsführer Blendowski in Namsreuth, ist Asylbewerbern „mit guter Bleibeperspektive“ vorbehalten.
Mit Christa Shafi, einer in Sprachkursen für Zuwanderer erfahrenen Dozentin, büffeln die jungen Syrier und Iraker nun täglich von 8.15 Uhr bis 12.30 Uhr im Nebenzimmer des früheren Golfclubheims Vokabeln und Grammatik. In einer Ecke des Saals sitzt eine siebenköpfige Gruppe beisammen, die erst einmal das lateinische Alphabet lernen muss. „Mit Feuereifer“, wie Frau Shafi berichtet. Ein Kursteilnehmer gestand, hier das erstemal in seinem Leben einen Kugelschreiber in die Hand genommen zu haben.
Die Verständigungsprobleme halten sich in Grenzen. Da wird notfalls vom Englischen ins Arabische übersetzt, und ein zweisprachiger Kursteilnehmer übersetzt wiederum für die jungen Kurden in ihre Muttersprache. Die Bildungsvoraussetzungen sind dabei ganz unterschiedlich, wie sich bei der Eigenvorstellung der Kursteilnehmer zeigte. Vom Automechaniker bis zum IT-Spezialisten und Akademiker ist so ziemlich alles vertreten.
Franz Elsner appellierte an den Lerneifer der 18 Flüchtlinge, von denen sich einige schon bemerkenswerte Deutsch-Kenntnisse angeeignet haben. Es würde sich lohnen, brauche Deutschland doch dringend Fachkräfte. Die Namsreuther Flüchtlinge, die im ehemaligen Clubheim auch wohnen und sich dort in vier Küchen selbst verpflegen, sollen nach Absicht der Arbeitsvermittler einen Beruf erlernen, der in Deutschland nachgefragt ist, wie Elsner betonte.
„Zunächst ist das Wichtigste die Sprache“, machte er den jungen Menschen aus dem syrisch-irakischen und kurdischen Kriegsgebieten deutlich. „Ist erst mal die Sprache vorhanden, können wir Sie leichter integrieren und dem deutschen Arbeitsmarkt anpassen“, sagte Elsner. Den jungen Leuten ohne Beruf werde die Möglichkeit geboten, eine dreijährige Ausbildung zu durchlaufen und sich weiter fortzubilden, erläuterte Elsner den offensichtlich sehr lernwilligen Flüchtlingen. Sobald vom Bundesamt für Migration und Flüchtlingen die Anerkennung als Asylbewerber vorliegt, werde das Job-Center die Betreuung der Flüchtlinge übernehmen, sagte Elsner.
Bei der Berufsausbildung würden Bildungsträger wie das Amberger ISE Sprach- und Bildungszentrum helfen, berichtete Elsner. Das sei zwar hart, aber zu schaffen, machte er den Flüchtlingen klar. Selbst für Praktika, die bereits von Firmen der Arbeitsvermittlung angeboten werden, sei ein Minimum an Sprachkenntnissen gefordert. „Wir tun alles für Sie“, versicherte Elsner abschließend.
ISE-Geschäftsführer Peter Blendowski ermunterte bei seinem Besuch in Namsreuth die Kursteilnehmer, in dieser Runde den einen oder anderen Wunsch vorzutragen. Das Hauptproblem scheint durch die Abgeschiedenheit von Namsreuth die fehlende Einkaufsmöglichkeit zu sein, müssen sich die 18 Flüchtlinge doch selbst bekochen. Ein finanzielles Problem stellt zudem der Kauf von Buskarten für Einkaufsfahrten nach Sulzbach-Rosenberg oder Amberg dar. Dabei hat man den Flüchtlingen beim Kurs nahegelegt, ganz gezielt Kontakt zur einheimischen Bevölkerung zu suchen. Bei einer spontanen Sammlung unter den Besuchern kamen schon mal 120 Euro für Fahrkarten zusammen. Und Königsteins Bürgermeister Hans Koch will sich um einen Freiwilligen-Fahrdienst mit einem Kleinbus kümmern. Auch der Hausbesitzer, Ernst Ledwinsky, bot sich als Chauffeur an.
Koch fand abschließend noch Worte des Lobes für eine siebenköpfige Gruppe aus Namsreuth, die einem Paar in Königstein spontan beim Auffüllen der Holzlege geholfen habe.
In die Betreuung des Sprachkurses bindet das Amberger Sprach- und Berufsbildungszentrum ISE in enger Zusammenarbeit auch soziale Einrichtungen wie Diakonie und Caritas mit ein. Blendowski: „Es gibt da schon ein gut funktionierendes Netzwerk“. Und wenn dann doch ein unvorhersehbares Problem in der Namsreuther Gruppe auftreten sollte, bedient sich Blendowski der aus dem Libanon stammenden Wirtin der Eisbergwirtschaft in Amberg. „Hanna Afara ist für uns eine große Hilfe“, bestätigte Blendowski zum Abschluss seines Besuchs.
Hubert Uschald